Geschichte

Bisher galt unter Wissenschaftlern als Faktum, dass sich die europäischen Spielkarten von Italien aus im restlichen Europa verbreitet haben. Als Beleg hierfür galt eine erste schriftliche Erwähnung eines Spieles namens "Naipe" in Florenz aus dem Jahr 1377, untermauert von einem Traktat eines Mönches namens Johannes von Rheinfelden, der ebenfalls das Jahr 1377 nennt. Von letzterem existiert allerdings kein Original aus diesem Jahr. Die einsehbaren Exemplare des Traktates stammen aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Neuerdings ist eine Wörtersammlung aus Katalanien (Spanien) bekannt geworden, die ebenfalls das Wort "naip" enthält, datiert auf 1371. Ein Ratsdokument von 1378 aus Regensburg, aufbewahrt im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München, erwähnt das Spielen mit "charten" zum erstenmal im deutschen Sprachraum. Eine Massenproduktion von Karten ist erst nach Erfindung des Holzschnittes um 1400 vorstellbar.

Die ältesten erhalten gebliebenen Spielkarten von 1423 im westlichen Kulturkreis, liegen im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart und waren 1598 noch im Inventar der Herzoglich-Bayerischen Kunstkammer in München enthalten, stammen also aus dem Besitz der Wittelsbacher. Die ältesten bekannten deutschen Volksspielkarten werden im Stadtmuseum Schongau aufbewahrt. Sie werden auf "um 1490" datiert und stammen mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Kartenmacher in Augsburg. Kleidung und Haartracht des Herz-Unters waren um 1450 üblich.

Deutscher, Wendischer und Bayerischer Schafkopf

Bei der Neugestaltung von Kartenspielen werden in der Regel Elemente anderer, bisher bekannter, Spiele entweder übernommen oder zusammengeführt.
Der "Bayerische Schafkopf" ist ein direkter Nachkomme des "Wendischen Schafkopfs", der vermutlich aus dem Erzgebirge stammt. Vom "Wendische Schafkopf" ist bekannt, dass er von vier Personen in wechselnder Partnerschaft gespielt wurde, Unter und Ober als permanente Trümpfe und bei Partnerspielen eine feste Trumpffarbe (Schellen!) kennt. Da die Spielkartenforschung die Entstehung des "Wendischen Schafkopfs" aus dem "Deutschen Schafkopf" auf Anfang des 19. Jahrhunderts datiert, kann es vor 1800 keinen "Bayerischen Schafkopf" gegeben haben. Frühere Publikationen können mit "Schafkopf" nur den "Deutschen Schafkopf" gemeint haben.
Der "Bayerische Schafkopf" hat sich vom "Wendischen Schafkopf" emanzipiert, indem mit der Zeit seine Regeln vielfältiger wurden und einengende, starre Vorschriften verworfen worden sind.
Seinem Herkommen nach ist es nicht verwunderlich, dass der heute so genannte "Bayerische Schafkopf" zeitlich früher in der Oberpfalz und in Franken gespielt worden ist, als im südlichen Bayern. Für Ober- und Niederbayern sind keine Belege dafür bekannt, dass hier "Schafkopf" vor 1910 gespielt worden wäre. Hier wurde der "Bayerische Tarok" (ohne "c") für drei Spieler und mit 36 Blatt favorisiert. Der "Bayerische Tarok" darf nicht mit dem allgemeinen und in Europa noch heute weitverbreiteten "Tarock" mit 54 oder 78 Karten verwechselt werden. Sein Herkommen und seine Entstehung ist noch nicht ausreichend erforscht.

Karnöffel

Die häufig angeführte Theorie, dass die Schafkopf-Spiele von dem mittelalterlichen Söldner-Kartenspiel "Karnöffel" abstammen, ist nicht haltbar. Allenfalls die Tatsache, dass auch in den modernen Kartenspielen eigentlich niedrige Karten die ranghöheren stechen, z. B. Ober und Unter und die Sau (die ursprünglich eine 2er-Karte war) wie das As (die 1er-Karte) den König, verdanken wir den mittelalterlichen Söldnern.
Das europäische Kartenspiel war ursprünglich ein höfisches Spiel mit einer eindeutigen Rangfolge. Höchste Karte war der König (die Königin) gefolgt von zwei "Marschallen" (bzw. zwei Hofdamen) und dem Gesinde, dem Rang entsprechend von 10 (X) bis 1 (As). Undenkbar, dass ein König von einem Rangniederen gestochen hätte werden können.

Skat als Nachkomme des Wendischen Schafkopfs

Ein weiterer Nachkomme des "Wendischen Schafkopfs" ist das heute weltweit verbreitete Skatspiel.
Es spricht einiges dafür, dass die ersten Schritte vom Schafkopf in Richtung Skat irgendwann zwischen 1808 und 1810 in der "Brümmerschen geschlossenen Abendgesellschaft" (in Altenburg) getan wurden (Zitat aus: Gerd Matthes – Kleines Skatbuch; Rhino Verlag).

Als Teilnehmer dieser Abendgesellschaft sind folgende Namen bekannt: Hans Carl Leopold von der Gabelentz (Herzoglicher Regierungsrat und Kanzler), Dr. Carl Ludwig Schuderoff (Geheimer Medizinalrat), Carl Adam Neefe (Ratskopist), Friedrich Ferdinand Hempel (Hofadvokat). Diese Herren werden gemeinhin als die "Erfinder" des Skatspiels angesehen. Häufig wird auch noch der Gymnasiallehrer Johann Friedrich Ludwig Hempel dazu gezählt, der erstmals über das Skatspiel 1848 berichtet hat. Die Bezeichnung "Skat" taucht erstmals 1813 auf. Anfänglich wurde diese Dreiervariante "Schafkopf mit Rest" genannt (Gerd Matthes, Altenburg). Die Altenburger spielten ihren "Skat" mit deutschen Karten, mit dem Sächsischen Kartenbild. In den preußischen Ländern wurde aber überwiegend mit französischen Karten gespielt. Jahrzehntelang wurde bei den Altenburger Skatkongressen gestritten, mit welchen Karten denn der "deutsche" Skat zu spielen sei. Dies führte dazu, dass die norddeutschen Spielkartenfabrikanten eigene Kongresskarten auf den Markt brachten, in der Mitte geteilt, eine Hälfte mit dem französischen Bild, die andere mit einem deutschen Bild.

Entstehung der Bezeichnung "Schafkopf-Spiel"

Über die Entstehung der Bezeichnung "Schafkopf-Spiel" gibt es die unterschiedlichsten Theorien. Am einleuchtendsten ist diese:
Ausbezahlt oder abgerechnet wurde in alten Zeiten erst nach Beendigung einer gewissen Anzahl von Spielen. Gewonnene Spiele wurden dem Spieler mit je einem Kreidestrich auf dem Tisch oder einer Tafel gutgeschrieben. Immer wahrscheinlicher erscheint, dass das Wort Schafkopf etwas mit einem Schafskopf zu tun haben könnte, der dabei mit diesen Kreidestrichen geformt worden ist. Nach Vollendung dieses Kopfes wurde abgerechnet.

Schaffkopf oder Schafkopf?

Vertreter der Theorie, dass Schafkopf früher mit zwei "ff", also Schaffkopf geschrieben wurde, konnten bisher keinerlei urkundliche Erwähnungen vorlegen. Franz Ringseis vertritt in seinem "Ringseis` Bayerisches Wörterbuch" zwar die Meinung, dass dies die einzig richtige Schreibweise sei, "weil Kartenköpfe ausgeschafft werden" liefert aber keinen Quellbeweis dafür. Das Gegenteil ist der Fall. Alle Überlieferungen und namentlichen Nennungen schreiben "Schafkopf" mit einem "f". Die ältesten nachgewiesenen Spielregeln für den Bayerischen- oder Süddeutschen Schafkopf finden sich im "Schafkopf- Büchlein" aus Amberg, das im Jahre 1895 im "Obsis-Verlag" erschienen ist. Der Autor kennt nur das Wort Schafkopf mit einem "f". Und auch der Bayerische Sprachforscher Johann Andreas Schmeller (1785-1852) schreibt in seinem vierbändigen "Bayerischen Wörterbuch" das Wort Schafkopf mit einem "f".
Ebenso unsinnig ist die Theorie, dass das Wort Schafkopf von "schaffen" kommt. Diesen Ausdruck kennt man wohl beim "Watten", wo ausgeschafft wird, aber beim Schafkopfen ergibt das Wort absolut keinen vernünftigen Sinn.
Unterstellt man, dass es vor 1790 keinerlei urkundliche Nachweise für die Existenz des Schafkopfens gibt, dann ist die Vermutung schon sehr abwegig, dass Schafkopfen von den Schäfflern und dem Kartenspiel auf Fässern oder Schaffen, abzuleiten ist, wie Wolfgang Peschel in seinem Buch "Bayerisch Schaffkopfen" meint.

Bayerisches Kartenbild seit 1810

Das heute übliche Bayerische Kartenbild entstand erst nach 1806, also nach der Erhebung Bayerns zum Königreich. Der älteste Beleg stammt von dem bürgerlichen Kartenfabrikanten Joseph Fetscher (1792 – 1824) aus München. Das Kartenbild enthielt von Anfang an 36 Karten, was darauf schließen lässt, dass zu dieser Zeit Spiele mit 36 Karten die Regel waren.
Das "Bayerische" im Kartenbild wurde dadurch deutlich gemacht, dass der Schellen-König ein Rautenwappen an seinem Thron zeigt. Warum wird ausgerechnet der Schellen-König unter allen vier Königskarten so hervorgehoben? Nicht der Herz-König oder der Eichel-König? Antwort: Vermutlich war zu dieser Zeit in Bayerischen Kartenspielen, wie im Wendischen Schafkopf, Schellen und nicht Herz die übliche Trumpffarbe. Herz als Trumpffarbe im Bayerischen Schafkopf scheint eine Anleihe vom aufstrebenden Skat zu sein.

(Bild: Schellen-König mit dem Bayerischen Rautenwappen aus dem Bayerischen Kartenbild und Eichelkönig mit dem Fränkischen Rechenwappen aus dem Fränkischen Kartenbild um 1840)

Kartenspiele entwickeln sich im Laufe von Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten immer weiter. Landesspezifische Strömungen gestalten, verbessern und verändern die Regelwerke, das Aussehen, sowie die Ziele.

(Überarbeitet und ergänzt, Januar 2020: Manfred Hausler)